Weihnachten, Fest der Versöhnung

In München ist Weihnachtsstimmung eingekehrt. Anna und ihre grosse Schwester Lena machen einen Stadtbummel. Im Kaufhaus bestaunt Anna die schönen Kugeln, die an einem grossen Weihnachtsbaum hängen.

Ihre Schwester Lena bewundert eine Frau, die den neusten Wintermantel trägt.
„Lena, schau dir einmal diese Puppe an, die wünsche ich mir zu Weihnachten!“ Anna springt aufgeregt zu der Puppe, die noch verpackt ist. Sie nimmt sie in beide Hände und spielt mit ihr, als ob da gar kein Karton um sie wäre. Anna bittet Lena, die Puppe zu fotografieren, so dass sie sie der Mutter zeigen kann. Lena nimmt ihr Fotohandy und knipst die Puppe.

Etwas später fahren sie mit der Bahn nach Hause. Zimmermanns wohnen in einem Stadthaus in München. Als Anna aufgeregt die Tür aufschliesst, mit Lenas Handy in ihrer Hand, um ihrer Mutter das Foto mit der Puppe zu zeigen, fällt ihr das teure Natel ihrer Schwester auf den Boden. „Spinnst du? Das war teuer, wehe es ist kaputt!“, schreit Lena ihre Schwester an. Anna laufen Tränen über die Wangen, das hatte sie nicht mit Absicht gemacht. Sie weiss doch, wie viel ihrer Schwester das Handy bedeutet. Anna sieht zu, wie Lena an ihrem Handy herum tippt. Nach einer Weile schaut sie Anna böse an. „Danke, du hast es kaputt gemacht, ich hatte es gerade mal eine Woche!“ Sie dreht sich um und geht in ihr Zimmer.
Oo, das heisst Streit - und zwar nicht nur für eine Weile, nein, wahrscheinlich für ein ganzes Jahr oder für immer!? Ein schreckliches Bild drängt sich in Annas Kopf: Da sind Lena und Anna zu sehen, Lena spricht - aber nicht mehr mit Anna. Dieser grässliche Gedanke bringt Anna  noch mehr zum Weinen.
Sie zieht ihre Jacke und ihre Schuhe an und klettert in ihre Baumhütte, wo sie nachdenken will. Die Baumhütte gehört nur ihr, sie hat sie mit ihrem Grossvater gebaut. Jedes Mal, wenn sie in ihrer Baumhütte ist, ist Anna entweder traurig oder sie will einfach alleine sein.

Als Anna draussen ihre Mutter rufen hört, schaut sie aus dem Fenster: „Du musst jetzt Abend essen kommen und dann klären wir das noch wegen Lenas Handy. Du musst keine Angst haben, Lena sitzt schon am Tisch, also komm jetzt!“ Unsicher klettert Anna vom Baumhaus hinunter und schleicht in die Küche. Als Anna in die Küche kommt, sieht Lena sie nicht an. Schon wieder steigen Anna Tränen in die Augen. Ihre Mutter bringt das Essen, dann schaut sie zuerst Lena und dann Anna an. „Also, hört einmal zu: Anna, du verstehst, wenn Lena auf dich böse ist, aber ich möchte, dass ihr euch bald, bis spätestens an Weihnachten wieder verträgt. Wisst ihr denn, was der Sinn von Weihnachten ist? Weihnachten ist das Fest der Liebe; an diesem Tag ist ja das Jesuskind zur Welt gekommen. Das heisst, an Weihnachten darf man nicht streiten und nicht kriegen. Daher will ich, dass ihr euch an Weihnachten wieder verträgt. Lena, du musst irgendeinmal merken, dass, wenn man auf jemanden böse ist, das einem nichts nützt. Also reiss dich zusammen! Anna hat das Handy ja nicht extra kaputt gemacht! - Einen guten Appetit! - Ach ja, wenn ihr euch nicht versöhnt habt bis Weihnachten kann ich nicht garantieren, dass das Christkind euch etwas zu Weihnachten schenkt, denn es bekommt da oben alles mit!“

Am nächsten Tag ist Nikolaustag. In der Küche sollte am Morgen ein roter Nikolaus Schuh hängen, aber er ist nicht dort. Hatte das mit dem Streit zu tun? Hoffentlich nicht.
Nach der Schule rennt Anna in die Küche. Aber dort steht ihr ein Hindernis im Weg. Es ist eine Kommode. Dahinter hört sie die Stimme ihrer Mutter: „Hallo Anna, ich glaube, der Nikolaus hat diese Kommode extra in den Weg gestellt, wegen eurem Streit. Du musst zuerst darüber klettern, dann bekommst du deinen Nikolaus Schuh.“
Als Anna auf der anderen Seite ist, sieht sie einen riesengrossen Nikolaus Schuh. „Oh, der ist ja riesig, doch wo hängt der zweite? Hat Lena ihren schon?" – „Nein, ihr habt nur einen zusammen. Das hat der Nikolaus sicher extra so gemacht, dass ihr euch wieder vertragen lernt.“ – „Ich schenke ihn Lena, dann habe ich eine kleine Entschuldigung für sie. -

Mama? Können wir Lena nicht einfach ein neues Handy schenken? Ich zahle mein ganzes Erpartes daran! Das wäre doch ein super Weihnachtsgeschenk, oder? Das hatte auch Miley Cirus ihrer besten Freundin geschenkt. Dann können wir das doch auch.“ – „Das stimmt, doch Anna, wir haben nicht so viel Geld wie dein Vorbild Miley Cirus. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass Miley 15 Millionen Dollar im Jahr verdiene, was für ein Reichtum! Ich verdiene halt nicht so viel wie die Hollywoodstars und auch wenn du daran zahlst, im Moment können wir uns das nicht leisten.“ – „Aber ich könnte doch auf die Strasse gehen und Flöte spielen. Da verdiene ich doch auch etwas - und Mama, ich habe über 100 Euro in meinem Sparschwein, das schaffe ich schon noch.“ – „Na, dann bin ich mal gespannt, aber sei nicht enttäuscht, wenn es nicht funktioniert, Anna."

Am Samstagmorgen macht sich Anna auf den Weg. Mit ihrer Flöte spielt sie ein Weihnachtslied nach dem anderen. Einige Leute werfen Geld in den Nikolaus Schuh. Anna spielt den ganzen Tag.. Am Schluss zählt sie ihr Geld: 63 Euro. Anna freut sich so sehr, dass sie laut zu singen beginnt. Zu Hause schlachtet sie ihr Sparschwein: 120 Euro. Das macht total 183 Euro. Sie zeigt ihr Vermögen ihrer Mutter. Die staunt nicht schlecht und sagt: „Anna, ich hab es mir überlegt. Du hast sehr viel Geld zusammen gebracht und dein Wunsch, ein neues Handy zu kaufen, hat mich bereit gestimmt, den Rest daran zu zahlen, ok?“ – „Mama, du bist die Beste! Es ist nämlich schrecklich, wenn Lena nicht mehr mit mir spricht.“

Eine Woche vor Weihnachten liegt Lenas neues Handy eingepackt unter Annas Bett. Juhu! Sie ist froh, dass sie ihrer Schwester das Telefon zurückgeben kann und zwar neu und ganz.
Lena spricht immer noch nicht mit ihrer kleinen Schwester. Anna ist ziemlich aufgeregt.

An Weihnachten ist Anna gespannt wie ein Flitze-Bogen. Wird Lena ihr heute verzeihen? Freut sie sich über das Handy? Anna ist so aufgeregt, dass sie eine Runde ums Haus drehen muss. Nach dem Abendessen, das wieder sehr schweigsam verläuft, müssen Anna und Lena hinausgehen. Während dieser Zeit kommt das Christkind und bringt die Geschenke. Dann ruft Mama ihre Töchter. Als Lena und Anna das Wohnzimmer betreten, steht dort ein grosser Weihnachtsbaum. Kerzen brennen. Mama strahlt. Bevor es die Geschenke gibt, schaut Mama Lena fragend an. „Und? Verzeihst du Anna?“ Lena schaut Anna an und die fängt an zu weinen. Plötzlich kommt Lena auf Anna zu und umarmt sie. „Anna, ich finde es schrecklich, dass wir nicht miteinander sprechen. Ja, ich verzeihe dir!“ – „Es tut mir so leid Lena, ich wollte es nicht kaputt machen! Ehrlich!“ – „Ich glaube dir ja auch!“
Mama schaut die Mädchen an und sagt: „So, Anna, willst du Lena das Geschenk geben?“ Anna nimmt das Geschenk und drückt es Lena in die Hand. Lena packt es aus und kann es nicht fassen. „Wow, Anna danke vielmal!“ – „Anna hat extra ihr ganzes Erspartes in dein neues Handy gesteckt und ist auf die Strasse musizieren gegangen. Nur für dieses Handy!“ Lena umarmt ihre Schwester noch einmal. Und gibt ihr ihr Geschenk. Anna packt es aus. Es ist ein süsser Teddybär. Anna hat sich schon lange einen neuen gewünscht.
Es wird ein schöner Abend und Anna hat endlich begriffen, was Weihnachten für einen Sinn hat: Weihnachten ist die Zeit der Versöhnung.

Andrina Carisch, 2. Sek